Interview mit Bernd Hornetz

20. Dezember 2016

Im Alter von 48 Jahren hat Bernd Hornetz den legendären Ötztaler Radmarathon mit 238 Kilometern und über 5‘500 Höhenmetern in unter 7 Stunden gewonnen. Wir haben beim Ausnahmesportler nachgefragt. 

Du hast mit dem Sieg beim Ötztaler Radmarathon Unglaubliches erreicht. Welches sind in deinen Augen deine drei Erfolgsfaktoren? 

  • Freude am Radfahren als Natur-, Selbst- und Gemeinschaftserfahrung. 
  • Ein sehr unterstützendes und tolerantes Umfeld.
  • Belastbarkeit zu hohen Trainingsumfängen zum Entwickeln enormer Ausdauerfähigkeit knapp unter der FTP (Die Functional Threshold Power ist eine Leistung, gemessen in Watt, die an einem guten Tag unter idealen Bedingungen 1 Stunde gehalten werden kann).

Viele Hobbyradfahrer starten an Volksrennen wie dem Ötztaler. Welches sind deine wichtigsten Tipps für eine erfolgreiche Vorbereitung einerseits und für ein erfolgreiches Rennen anderseits?  

Hier spielen sehr, sehr viele Faktoren eine Rolle, von denen keiner vernachlässigt werden darf. Das wäre die knappe Quintessenz. Diese alle aufzuzählen, würde einen ziemlich langen Aufsatz ergeben. Grundsätzlich müsste man noch unterscheiden, was ein erfolgreiches Rennen bedeutet. Das reicht von "Durchkommen im Zeitlimit" bis "Fahren auf Sieg". Wobei ersteres schon eine extreme Herausforderung ist, für die man gut vorbereitet sein sollte. 

Ein einfacher und allgemeiner Tipp wäre, sich einer solchen Herausforderung schrittweise anzunähern. Das heisst, im Saisonverlauf im Abstand von 2 bis 4 Wochen ein paar Rennen/Touristikfahrten mit wachsenden Anforderungen an Rennzeit und Höhenmetern bestreiten. So erkennt man schon viele Dinge selbst, die man verbessern müsste. Effektiver, sich Mal für ein Jahr professionell von einem Trainer beraten lassen. Das kostet zwar ein paar Euro, aber auch ich habe nochmals spürbare Fortschritte gemacht, nachdem ich mir den Rat von Dennis Sandig, IQ Athletik und corratec-Teamchef Kuno Messmann eingeholt habe. (Kuno ist ehemaliger Cheftrainer des DSV) Das kürzt das learning by doing (itself) deutlich ab. 

Einen konkreten Hinweis will ich dann aber doch auch geben: Bei so langen Rennen spielt in hohem Masse die Ernährung eine Rolle. Viele kämpfen mit Magenproblemen, Unterzuckerung, usw. und können daher ihr Potenzial nicht abrufen. Wichtig ist, die Speicher schon über Tage im Voraus mit Vollkornprodukten und viel Gemüse (vetreibt die Säure) aufzuladen. Dazu eiweissreiche Kost. Kohlenhydrate nicht im Übermass am Vortag und zum Frühstück reinstopfen. Viel, aber in Massen, leicht verdaulich und Vollkorn (Nudeln/Reis). 

Im Rennen wirklich regelmässig essen und viel trinken. Dort verwende ich anfangs noch 2 bis 3 Riegel, später nur noch Gels und isotonische Getränke, aber auch viel reines Wasser. Wer nicht gewinnen muss und eine gute Zeit erreichen will, nicht dem Adrenalin nachgeben, sondern mit moderatem Tempo starten. Gefühlt zu langsam, dafür am Ende zusätzliche Motivation beim Vorbeiziehen an der Standspur. 

 

Bei deinen Rennen bist du während mehreren Stunden mit verhältnismässig hoher Intensität unterwegs. Kannst du uns einen Überblick geben, wie du dein Training gestaltest? Und wie viel Zeit investierst du in die Erholung?  

Hohe Intensität mit Betonung auf verhältnismässig! Im Training versuche ich die Intensität nicht zu übertreiben. Hohe Umfänge und punktuell die ganz hohen Intensitäten scheint bei mir die ideale Kombi der Trainingsreize zu sein. Immer nur Vollgas, das würde auch ich nicht verkraften, zumal man als Berufstätiger mit Familie immer viel zu wenig Zeit zum Regenerieren hat. Das muss man eben in Kauf nehmen und die Anzeichen der Ermüdung an sich erkennen. Dann bleibt das Rad auch Mal stehen, oder fährt eine Spazierrunde. 

Die Wintermonate laden nicht im gleichen Masse zum Radfahren ein. Welches sind deine Tipps für die Hobbyradfahrer fürs Wintertraining?  

  • Abwechslung und mit Freunden zusammen trainieren. Das motiviert, sogar zu Fahrten im Dunkeln mit Lampe. Ich nehme gerne auch den Crosser oder das MTB.
  • Brauche immer einen guten Trainings-Rhythmus. Dann bleibt die Motivation konstant hoch.
  • Ein Ziel vor Augen haben. Das erste Saisonrennen nicht zu spät einplanen, am besten auch gemeinsam mit Freunden, Vereins- oder Teammitgliedern.

 

 

 

Foto: ZVG