Interview mit Mike Schifferle

19. Oktober 2022

Anfang Oktober hat Mike Schifferle im Rahmen des Ironman Hawaii sein 99. Ironman Rennen absolviert und damit sein sportliches Lebensziel erreicht. Der Luzerner blickt auf eine eindrückliche Karriere zurück. 2009 wurde er in Hawaii Vizeweltmeister bei den Amateuren und startete in den Jahren 2010 bis 2018 bei den Profis. Und dies alles neben einem Vollzeitarbeitspensum.

Wie hast du deinen 99. und vermeintlich letzten Ironman erlebt? Kannst du uns Einblick in dein Rennen und deine Gefühlswelt geben?

Der Ironman Hawaii ist immer etwas Spezielles. Mit meiner 10. Teilnahme, meinem 99. Ironman und vermeintlich letztem, nochmals etwas spezieller. Während dem Schwimmen und Radfahren habe ich mich aufs Rennen konzentriert. Erst beim abschliessenden Marathon wurde mir richtig bewusst, dass dies für mich wohl der letzte Ironman sein wird. Obwohl es in der Hitze und mit den Schmerzen meiner Verletzung (Hüfte) ziemlich hart war, versuchte ich die letzten Meter auch etwas zu geniessen. Im Ziel machte sich dann neben Freude auch etwas Wehmut breit, weil mir bewusst wurde, dass ein Abschnitt meines Lebens vorbei ist und ich in Zukunft die Prioritäten in meinem Leben anders ordnen werde.

Während den letzten 20 Jahren hat sich auf der Langdistanz viel getan. Wie haben sich die Anforderungen an die Athleten und ans Material im Laufe der Zeit verändert?

Bei den Profis reicht es nicht mehr an die Spitze, wenn man in einer oder zwei Disziplinen überragende Leistungen bringen kann. Es braucht eine Ausgeglichenheit in allen drei Sportarten, um in die vorderen Platzierungen zu gelangen. Bezüglich Training und Material hat sich Triathlon in den letzten 20 Jahren extrem professionalisiert. Die Spitze der Age Grouper, insbesondere auf Hawaii, nimmt sich an den Profis ein Beispiel. Viele dieser Athleten reduzieren ihr Arbeitspensum und nehmen in Sachen Material und Training einen hohen Aufwand auf sich. Mit dem heutigen Material und den neusten Erkenntnissen in Sachen Training, Aerodynamik und Biomechanik lässt sich zu früher einiges an Energie sparen, was dann auch zu schnelleren Endzeiten führt und wohl auch die Regeneration verbessert. Aber schlussendlich muss man immer noch selbst Schwimmen, Radfahren und laufen.

 

Viele Hobbysportler wollen einmal im Leben einen Ironman bestreiten. Mit welchen Tipps klappt es?

Wieviel Aufwand man für die Vorbereitung betreiben muss, hängt stark vom bisherigen sportlichen Werdegang und den persönlichen Zielen ab. Ein erfahrener Coach kann auf diesem Weg sicherlich eine grosse Hilfe sein. Man sollte aber auch nicht zu grosse Angst haben und einfach einmal den Schritt wagen, die Herausforderung annehmen und sich anmelden. Mit einem klaren Ziel vor Augen lässt sich einfacher trainieren und schliesslich kann man fast nur gewinnen. Aus einer vermeintlichen Niederlage lernt man am meisten.

Welches sind in deinen Augen ganz grundsätzlich die 3 wichtigsten Punkte, die zum Erfolg führen?

Erfolg ist für mich immer eine Frage der Definition. Erfolg bedeutet für mich persönlich nicht nur immer die gesteckten Ziele erreicht zu haben, sondern auch die innere Befriedigung während dem Trainingsprozess zu dieser Herausforderung zu finden. Disziplin, Leidenschaft und Lockerheit sind aus meiner Sicht die wichtigsten allgemeinen Punkte, die zum Erfolg führen. Disziplin ist nicht eine Eigenschaft, die man hat oder nicht hat, man kann sie sich aneignen. Leidenschaft für etwas kann man haben und auch entwickeln. Es bedeutet für mich hungrig sein immer ein bisschen besser zu werden und seine Leistungsfähigkeit zu optimieren. Lockerheit sollte nicht mit Gleichgültigkeit verwechselt werden. Aber ich glaube man sollte nicht zu verbissen sein und immer das grosse Ganze im Auge behalten, ohne die Balance zu verlieren.

 

Gibt es einen Geheimtipp aus dem Bereich Training, Material, Ernährung oder Erholung, den du uns preisgeben kannst?

Triathlon ist zwar eine komplexe Sportart, insbesondere auf der Langdistanz wo die Energiebereitstellung eine zusätzliche, wichtige Rolle einnimmt. Als Hobby Athlet mit knappem Zeitbudget kann man sich dabei in unendlichen Details verlieren. Mein Tipp: Keep it simple, schule dein Körpergefühl im Training ohne Gadgets und sei zu dir selbst grosszügig bei kleinen Dingen und kompromisslos bei Grossen. Man muss sowohl im Training, beim Material, der Ernährung wie auch bei der Erholung seinen individuellen Weg finden, der zum Erfolg führt. Der irische Schriftsteller Samuel Beckett hat ein treffendes Zitat: «Ever tried. Ever failed. No matter. Try again. Fail again. Fail better.” Triathlon ist eine Fehlervermeidungssportart. Man wird immer Fehler machen und daraus lernen. Wichtig ist, dass man überhaupt erkennt, weshalb und wo der Fehler liegt. Ein guter Coach kann da sicherlich auch Unterstützung leisten.

Foto: zvg