Interview mit Nino Schurter

28. März 2023

Nino Schurter hat alles erreicht, was man sich im Bike-Sport erträumen kann. Im Herbst seiner Karriere wurde er im vergangen Jahr zum 10. Mal Weltmeister. 

Das vergangene Jahr brachte das ganze Spektrum an Höhen und Tiefen mit sich. Kannst du uns Einblick in deine Gefühlswelt geben?

Ja, die letzte Saison war sehr turbulent! Angefangen mit dem Cape Epic, welches überhaupt nicht nach Wunsch lief. Zwei Wochen später, am Weltcup in Brasilien, lief dann alles perfekt für mich, und ich konnte einen weiteren Weltcupsieg einfahren. Anschliessend ging die Saison mit Höhen und Tiefen weiter. Dies sicher auch mit dem Heimrennen in der Lenzerheide, das nicht nach Plan lief oder auch dem üblen Sturz in Snowshoe. Trotz allem durfte ich Ende Saison den Gesamtweltcup für mich entscheiden und die Saison mit dem ganz grossen Highlight, dem Sieg an der Weltmeisterschaft und dem 10ten Weltmeistertitel abschliessen. Rückblickend war die Saison 2022 für mich ein grosser Erfolg.

Seit deinem ersten WM-Titel von 2009 hat sich der Mountainbikesport stark entwickelt. Wie haben sich die Anforderungen an die Athleten und ans Material im Laufe der Zeit verändert?

Seit meinem ersten Weltmeistertitel 2009 hat sich vor allem in Bezug auf das Material definitiv einiges verändert. Dazumal bin ich ein 26-Zoll Hardtail Mountainbike mit sehr schmalen Reifen und weniger Gängen gefahren. Die grösste Veränderung zu heute ist sicher der Wechsel auf 29-Zoll Räder. Zudem werden heutzutage im Weltcup fast ausschliesslich nur noch Full-Suspension Mountainbikes gefahren. Die heutigen Mountainbikes haben zudem eine absenkbare Sattelstütze und die Felgen und Pneus sind um einiges breiter geworden. Dies führt zu viel mehr Komfort, besserem Grip und vor allem auch optimierter Rolleigenschaft. Es macht mir unglaublich Spass, die Entwicklung und Veränderung mitzuerleben und auch aktiv mitzugestalten.

Welches sind in deinen Augen die wichtigsten Mosaiksteine für deine erfolgreiche Karriere?

Ein zentraler Faktor war sicher, dass ich bereits früh in meiner Karriere die richtigen Personen treffen durfte. Ich war von Anfang an in einem super Team untergebracht, dem SCOTT-SRAM MTB Racing Team, mit dem ich auch heute noch unterwegs bin. Mit Thomas Frischknecht, Andi Seeli, meinem Coach und vielen weiteren waren von Beginn weg Personen an meiner Seite, die meine Karriere noch heute begleiten. Unter anderem diese Konstanz war mit Sicherheit ein wichtiges Puzzlestück für eine lange und erfolgreiche Karriere. Die ganze Familie - allen voran meine Eltern, meine Tochter Lisa und meine Frau sowie mein nahes Umfeld, welches mich stets unterstützt hat - waren sicher auch extrem wichtige Mosaiksteine für den Erfolg.

Welches sind deine drei wichtigsten Trainingstipps für Hobbybiker, die dieses Jahr noch an einem Rennen starten möchten?

Das Wichtigste ist für mich der Spass am Mountainbiken. Jeder Mountainbiker und jede Mountainbikerin sollte in erster Linie Spass am Sport haben. Es muss nicht zwingend immer nach einem strikten Trainingsplan gefahren werden. Wichtig ist, dass du nicht vergisst, was dir Spass macht: Mit Kollegen oder Kolleginnen Mountainbiken und sich gegenseitig motivieren und herausfordern. Dann kommt auch der Erfolg oder das Ziel, welches man sich gesetzt hat, mit Sicherheit immer näher.

Gibt es einen Geheimtipp aus dem Bereich Training, Material, Ernährung oder Erholung, den du uns preisgeben kannst?

Es gibt eine grosse Kiste voll mit Tipps, was die Trainingslehre, Ernährung, Erholung und weitere Aspekte des Trainings angeht. Im Vordergrund steht für mich aber ganz klar der Spass beim Ausüben des Hobbys. Klar gibt es für alle Mountainbike-Freaks weitere Tipps, die man befolgen kann:

Intervalltraining ist zum Beispiel sehr effektiv. Dies vor allem, wenn die vorhandene Zeit begrenzt ist und für alle, die zwischendurch wieder einmal richtig an ihre Grenzen gehen möchten. Bezüglich des Materials kann ich empfehlen, nicht mit zu viel Druck in den Reifen zu fahren. Weniger Luft gibt eine bessere Rolleigenschaft, Grip und Komfort. Ich versuche stets mit so wenig Luft wie möglich zu fahren. An einem Wettkampf gut ernährt an den Start zu gehen, kann ebenfalls eine entscheidende Rolle spielen. Je nach Wettkampftyp empfiehlt es sich vor dem Rennen viel Energie, vor allem Kohlenhydrate, zu sich zu nehmen und auch während des Wettkampfs auf die richtige Ernährung zu achten. Mit der richtigen oder falschen Ernährung kann während eines Rennens sehr viel gewonnen oder eben auch verloren werden.

Eine erfolgreiche Erholung ist von vielen Faktoren abhängig. Aber auch hier, sollten die Möglichkeiten nur genutzt werden, wenn der Nutzen dafür auch gegeben ist. Die Liste der effizienten Erholungsmöglichkeiten ist lang und gehen von Eisbädern, Massagen bis hin zu Compression Boots. In den harten Trainingsphasen werden die Reize ja auch bewusst gesetzt, daher müssen in diesen Phasen auch nicht zwingend alle Erholungsmassnahmen umgesetzt werden. Nach harten Trainingseinheiten ist es für mich das Wichtigste und somit auch meine Empfehlung an alle Hobby-Mountainbiker/innen: gut zu schlafen, sich gut zu ernähren und den Körper auf die gesetzten Reize reagieren zu lassen.

Bei einem Mehretappenrennen wie dem Swiss Epic oder Cape Epic sieht es aber natürlich wieder anders aus. Bei diesen Rennen spielt die Erholung eine extrem wichtige Rolle, in den verhältnismässig kurzen und wenigen Erholungspausen werden alle Register gezogen, um eine bestmögliche Erholung zu garantieren.

ÖKK Bike REVOLUTION


Nino Schurter engagiert sich seit 2022 in der neuen Schweizer Bike Serie "ÖKK BIKE REVOLUTION". Diese bietet genüssliche Biketouren, eine Rennserie für den Profi-, Nachwuchs- und Breitensport sowie ein Bike-Village für Gross und Klein. Ein Bike-Fest für alle.

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Foto: zvg