10 Tipps zum besseren Rennradfahren

19. Juli 2017

 

Kannst du Radfahren? Ja sicher, wirst du wohl leicht erstaunt sagen. Doch stimmt das auch wirklich? Kannst du sprinten, freihändig eine leichte Steigung hinauffahren, einbeinig einen runden Tritt pedalen oder eine Frequenz von 130 Umdrehungen eine Minute lang halten, ohne wie ein Jojo auf dem Sattel auf und ab zu hüpfen?

Die Sache ist nämlich die: Radfahren kann tatsächlich (fast) jeder, aber vielseitig und ökonomisch Radfahren muss man lernen wie jede andere Sportart auch. Das kann durchaus spielerisch geschehen. 10 Tipps, wie du zum besseren Radfahrer wirst.

1. Grundlagentraining
Auch im Radsport ist ein solides Fundament die Basis, auf der sich alles andere aufbauen lässt. Gerade deshalb ist es entscheidend, in der Saisonvorbereitung ganz bewusst tiefintensive und dafür etwas längere Trainings (60–120 min) zu absolvieren, bei denen der Fettstoffwechsel trainiert wird. Grundlagentraining bedeutet: Der Puls übersteigt in einem solchen Training ein gewisses Niveau nie. Ideal sind rund 60–70% des Maximalpulses. Wenn du es also maximal auf 180 Schläge/Minute bringst, solltest du im Grundlagenmodus nicht höher als mit Puls 126 unterwegs sein. Konsequent tiefintensives Training ist auch für ambitionierte Fahrer der Schlüssel zum Erfolg. Denn je besser der Fettstoffwechsel ausgebildet ist, desto weniger schnell werden die Glykogenreserven aufgebraucht, wenn’s intensiver wird. 

2. Hohe Trittfrequenz
Schaffst du es, ein paar Minuten ruhig sitzend mit 130 Pedalumdrehungen zu treten? Hohe Trittfrequenzen verbessern die intramuskuläre Koordination und müssen geübt werden. Dazu eignen sich spezifische Trainings, in denen ausschliesslich mit einer hohen Trittfrequenz (und entsprechend kleinen Gängen) gefahren wird. Oder Trainings mit kurzen Abschnitten in maximal hohen Frequenzen (so schnell es geht). Bahnfahrer sind meist mit hohen Frequenzen (rund 125 Umdrehungen pro Minute) unterwegs, und viele schaffen auf der Rolle gar Kadenzen von über 200/min. Wichtig: Gewöhne dich kontinuierlich an hohe Kadenzen und achte dich trotz (oder gerade wegen) der hohen Frequenz auf eine aktive Zugphase beim Hochziehen des Pedals. 

3. Tiefe Trittfrequenz 
Nach ein paar Wochen mit vorwiegend Grundlagentrainings haben auch ganz tiefe «Drehzahlen» ihren Reiz, denn diese fördern die Kraftausdauer. Versuche ab und zu während eines Trainings längere, gemässigte Steigungen mit grossen Gängen und einer Frequenz um die 60 bis maximal 70 Umdrehungen pro Minute konstant hochzufahren. Bleibe dabei konsequent im Sattel. Mit längeren Bergauffahrten im Sattel trainierst du den runden Tritt mit ganzheitlichem Krafteinsatz, ohne im Wiegetritt mit den Armen nachzuhelfen. Durch die tiefe Kadenz kannst du dich auf einen ökonomischen Bewegungsablauf konzentrieren.

4. Trittfrequenz variieren
Versuche auch mit der Trittfrequenz zu spielen, mal bewusst ganz hohe Kadenzen zu fahren, dann aber auch wieder ganz tiefe. Oder fahre Frequenzpyramiden und steigere im Minutentakt deine Trittfrequenz um 10 Umdrehungen pro Minute. Eine andere Übung ist, eine selbst gewählte Trittfrequenz über einen längeren Abschnitt zu halten. Dazu musst du entweder häufig – und mit Voraussicht – die Gänge wechseln oder je nach Gelände den Kraftaufwand erhöhen. Doch welche Trittfrequenz ist eigentlich ideal? Grundsätzlich gilt: Hohe Frequenzen (um die 95–110 Umdrehungen/Minute) sind ökonomischer als grosse Gänge mit tiefen Frequenzen. Fabian Cancellara beispielsweise ist selbst am Berg mit einer Trittfrequenz um die 90–95 unterwegs. Bei hohen Kadenzen um 100–110 ist das Kraft-Weg-Verhältnis am besten. Wer schneller kurbelt, belastet Muskulatur und Gelenke weniger. Übrigens: Bergab sollte die Tretbewegung nie ganz eingestellt werden, sonst macht zu Beginn der kommenden Steigung die Muskulatur «zu» und die Beine werden «bleischwer». 

5. Koordination
«Erfühle» deine Tretbewegung. Stell dir eine Pedalumdrehung als Kreis vor und versuche, mit den Füssen das Pedal im grösstmöglichen Kreis zu drehen. Immer mit konstantem Zug/Druck – ohne Lücke. Schieben, drücken, ziehen, heben: Konzentriere dich auf die vier Phasen während eines Tretzyklus (Schub-, Druck-, Zug- und Hubphase) oder auch mal spezifisch nur auf eine einzelne. Was passiert vorne, wenn du dich hinten aufs Hochziehen konzentrierst? Eine weitere Koordinationsübung ist, auf einer längeren, unbefahrenen, geraden und leicht aufwärts führenden Strecke freihändig zu fahren (Hände zum Beispiel hinter dem Rücken verschränkt oder in die Höhe gestreckt). Dadurch sind die Beine koordinativ gefordert und werden automatisch dazu gezwungen, einen runden und gleichmässigen Tritt auszuführen. Fahren in aufrechter Position beansprucht mehr die hintere Beinmuskulatur, Freihändig fahren mit gebücktem und nach vorne geneigtem Oberkörper mehr die vordere Oberschenkelmuskulatur. Auch einbeiniges Fahren fördert einen durchgehend aktiven Tretzyklus. Je grösser die Bewegungsvielfalt eines Fahrers ist und je mehr motorische Einheiten beim Tretzyklus im Spiel sind, desto länger kann die Ermüdung hinausgeschoben werden.

6. Sprints
Wer durchgehend im Dauermodus unterwegs ist, verliert seine Schnelligkeit. Variiere das Tempo und setze dir im Training spielerisch optische Vorgaben (z. B. Baum, Tafel, Haus usw.), bis zu denen du möglichst schnell beschleunigst und das Tempo maximal hältst. Die Länge der Sprints beträgt dabei nur hundert bis zweihundert Meter oder rund 10–20 Sekunden. Sprinten fördert die Schnelligkeit und die Fähigkeit, seine Kraft maximal umzusetzen.

7. Hohe Intensitäten
Zwischenzeitlich hohe Intensitäten fördern die Fähigkeit, eine Sauerstoffschuld besser ertragen zu können. Ideal dafür sind Intervalltrainings in diversen Variationen. Ein Beispiel: 4 Min. maximale Belastung – 3 Min. aktive Erholung; 4 Wiederholungen. Bei solchen Intervallen darf die Pulsfrequenz zwischenzeitlich auf 90–95% der maximalen Herzfrequenz ansteigen, liegt also über der anaeroben Schwelle. Mit der Intervalldauer, den Pausenlängen oder auch den Pulswerten lässt sich die Belastung variieren. Suche dir auch mal eine stärkere Gruppe aus, so dass du gezwungen wirst, aus deinem Komfortbereich gehen zu müssen. Aber denke daran, dass intensive Einheiten eine längere Erholung benötigen und erst im Wechsel mit Grundlagentrainings den gewünschten Erfolg bringen (siehe Punkt 1 Grundlagentraining).

8. Wiegetritt 
So, wie du ab und zu eine Steigung komplett sitzend bewältigen solltest, so kannst du auch einmal einen längere, etwas steilere Steigung ausschliesslich stehend im Wiegetritt hochfahren. Dabei wird die Schulter- und Brustmuskulatur zusätzlich belastet und die Beinmuskulatur anders beansprucht als beim Fahren im Sitzen. Auch sitzend fahren und Wiegetritt im Wechselspiel bringt Abwechslung ins Bergtraining.

9. Wattkontrolle 
Viele Fahrer kontrollieren ihre Belastung nicht über den Puls, sondern über die Watt-Leistung. Vor allem Triathleten vertrauen bei langen Distanzen der Wattangabe mindestens so wie ihrem Gefühl, um die richtige Intensität zu fahren und nicht zu überzocken. Wie der Puls kann auch die Watt-Vorgabe als Richtzahl für unterschiedliche Intensitäten dienen. Einziger Vorbehalt: Zur Ermittlung der Leistung auf dem Rad sind relativ teure Watt-Messgeräte erforderlich.

10. Rund schalten 
Wer in einer Steigung drei Gänge auf einmal runter schalten muss, hat entweder einen Hungerast – oder falsch geschaltet. Fahre ein Training bewusst mit Weitsicht und schalte immer frühzeitig so, dass du dich in jeder Situation im perfekten Gang befindest. Wähle dafür eine wechselhafte Strecke mit vielen Kurven und einem ständigen Auf und Ab. Versuche immer im Schwung zu bleiben und das Tempo aus den Kurven im passenden Gang mitzunehmen. Das spart Kraft, und das Tempo bleibt hoch. Auch Schalten im Wiegetritt will gelernt sein, denn es gilt, für einen sanften Schaltvorgang den richtigen Moment zu finden.

 

 

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