Sommertraining als «Fundament»

Roland Eggspühler 1. Oktober 2022

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«Gute Langläufer werden im Sommer gemacht», lautet eine Trainingsweisheit im nordischen Skisport. Was man im Sommer genau trainiert, spielt eigentlich gar nicht so eine grosse Rolle. Hauptsache nicht nichts!

Das Grundlagentraining im Sommer bildet eine Art Fundament, auf welches im Winter die Form aufgebaut wird. Bei Spitzenathletinnen und -athleten, deren Wettkampfsaison von Ende November bis Ende März dauert, ist dieses Fundament rein von den Umfängen her sehr viel grösser als bei einem Hobbyläufer, welcher sich z.B. den Engadin Skimarathon als punktuelles Saisonziel definiert hat. Auch bezüglich den Trainings-Intensitäten gibt es natürlich grosse Unterschiede (auf die hier nicht im Detail eingegangen wird), aber im Kern der Sache ist das Sommertraining für alle gleich. Grundsätzlich ist es besser, zu Beginn des Aufbautrainings «lang und langsam» zu trainieren und sich stetig zu steigern. So dass die Bewegungsabläufe von Anfang an technisch sauber sind. Wenn man sich mit seinem Trainingsgschpänli locker unterhalten kann, ist das angeschlagene Tempo sicher im grünen Bereich. Wer alleine unterwegs ist, kann auch eine einfache Kopfrechnung lösen. Geht das flüssig, stimmt das Tempo. Wenn nicht, sollte es gedrosselt werden.

Sehr grosse Vielfalt

Das Schöne am Langlauf-Sommertraining ist, dass es sehr vielfältig ausgestaltet werden kann. Joggen, Inline-Skaten, Rennradfahren und Mountainbiken eignen sich genauso gut wie Kajaken, Stand-Up-Paddeling oder Schwimmen. Wichtig ist, stets den Blick fürs Gesamte zu haben - also eher beinlastige Trainings mit Einheiten abzuwechseln, bei denen auch der Oberkörper gefordert wird. Auch Rumpfstabilitätsübungen sollten nicht vergessen gehen, denn eine stabile Körperhaltung stellt die möglichst verlustfreie Übertragung der Vorwärtskräfte sicher.

 

Gesamtheitlicher Skigang

Sehr empfehlenswert ist der sogenannte Skigang: Das ist vereinfacht erklärt „Nordic Walking“ in leicht gesteigerter Form – etwas zügiger im Tempo oder in anspruchsvollerer Topografie. Das kann eine lange Wandertour in den Bergen sein oder ein hügeliges Up-and-down im Mittelland, bei dem die Stockbewegung des winterlichen Diagonalschritts in verkürzt ausgeführter Form in die läuferischen Bewegungsabläufe integriert ist. Die ideale Stocklänge für Skigang ist individuell und liegt irgendwo zwischen den Klassisch-Stöcken und dem, was im Nordic-Walking-Lehrbuch steht. Am besten einfach mit einem alten Paar Stöcke ausprobieren und wenn nötig mit der Säge justieren. Bezüglich Skigang-Stocklänge und -Bewegungsabläufen sollte man sich – das sei mit einem gewissen Augenzwinkern eingebracht – nicht von „fachkundigen“ Kommentaren von Nordic-Walking-Leiterinnen irritieren lassen. Diese haben in der Regel eine sehr grosse Ahnung von ihrer Sportart, schliessen den Skigang aber fälschlicherweise in diese ein. Doch diese sommerliche Langlauftrainingsform ist viel älter, und vielleicht auch darum etwas anders als Nordic-Walking gemäss Lehrbuch.

Rollski für Klassisch und Skating

Dem winterlichen Langlaufen eindeutig am nächsten kommt Rollskilaufen. Rollski gibt es sowohl für die Klassischtechnik als auch fürs Skating, von Kombiprodukten sei dringend abgeraten. Klassische Rollski haben eine Rücklaufsperre in der Walze, damit der Abstoss beim Diagonalschritt möglich ist. Im Unterschied zum Winter fehlt im Sommer die Spur, welche den Ski führt. Klassische Rollskitrainings sind daher sehr gut für die Skikontrolle. Wichtig ist, den Diagonalschritt-Abstoss sehr bewusst und technisch sauber auszuführen und nicht einfach nur den Fuss stehen zu lassen. Sonst rächt sich das dann im Winter, wo die Haftwachsschicht feinfühlig in die Struktur der Schneekristalle gedrückt wird. Noch näher am winterlichen Pendent sind die Skating-Rollski. Da kann man von den Bewegungsabläufen her fast nichts falsch machen, und die den Inline-Skates recht ähnlichen Rollen sind sehr spurtreu.

Bremsen geht nicht wirklich!

Rollski haben für Gelegenheitsläufer einen keinen «Haken»: Richtig bremsen – so wie man es sich vom Fahrrad gewohnt ist – kann man darauf nicht, auch nicht mit jenen Modellen, die eine Bremse integriert haben. Sicherlich lässt sich damit das Tempo etwas verlangsamen (was auch mit leichtem Anstemmen oder der vom Inlinen bekannten T-Brake möglich ist), aber abruptes Stoppen wie auf dem Velo geht nicht. Darum ist es auf den Rollski wichtig, stets vorauszuschauen und potenzielle Gefahren zu antizipieren. Man sollte immer sehen, was kommt. Oder wissen, wo potenzielle Rutschfallen wie Fussgängerstreifen und Schachtdeckel lauern – damit man vorgängig, quasi «auf Vorrat», das Tempo drosseln kann. In dieser Hinsicht völlig problemlos sind Strecken, die bergauf führen – idealerweise mit einem Postautokurs für die Rückkehr ins Tal.