Interview mit Gerald Fister

8. August 2017

Auf eindrückliche Art und Weise hat Gerald Sancho Fister seinen Sieg aus dem Vorjahr am Grossglockner Ultra Trail mit einem neuen Streckenrekord verteidigen können und das Rennen mit Klaus Gössweiner ex-aequo gewonnen.

110 Kilometer mit 6500 Höhenmetern stecken in deinen Knochen. Welches waren die grössten Herausforderungen, die es dieses Jahr auf dem Weg zum Titel zu bewältigen galt? (Strecke, Kräfte, Verpflegung, Material, Mitbewerber, etc.)

Im Vorfeld habe ich mich leicht verletzt, weshalb ich mit Schmerzen an der Startlinie stand. Es war deshalb ungewiss, ob ich es überhaupt bis ins Ziel schaffe. Hinzu kam der Druck der Titelverteidigung. Es ist definitiv einfacher, ein Rennen zu gewinnen, als einen Titel zu verteidigen. Dabei denke ich insbesondere an die Erwartungshaltung der anderen. Ich, meinerseits versuche mir stets keinen Druck zu machen.

Im Rennen lief es erfreulich gut. Das Anfangstempo der Mitbewerber war sehr hoch. Ich versuchte zu folgen und lief über meine Verhältnisse. Irgendwann habe ich die Bremse gezogen und entscheiden müssen, meinen eigenen Rhythmus zu laufen. 
Bei der Labestation Glocknerhaus lag ich gerade alleine in Führung und spielte mit dem Gedanken aufzuhören, da meine Verletzung mir doch größere Schmerzen bereitete (Rippen) als angenommen. Ich versuchte mich zu konzentrieren und eine Entscheidung zu treffen. So beschloss ich zumindest weiter bis Kals zu laufen. Auf dem Weg dorthin wurde es auch tatsächlich besser. So war das Thema aufhören auch vom Tisch.

Eine solche Herausforderung ist nicht ohne entsprechendes Training zu bewältigen. Kannst du uns erklären, was es dazu braucht und wie du dich darauf vorbereitet hast?

Ich arbeite ganz normal 40 Stunden pro Woche und laufe am Abend. Unter der Woche sind es in der Regel 3, am Wochenende 5-6 Stunden, immer mit vielen Höhenmetern. Hinzu kommen noch regelmässige Bike-Touren, die mir viel Kraft geben. Montags gönne ich mir einen Ruhetag. Mein Ziel ist es, immer fit zu sein. So kann ich mich stets kurzfristig für Rennen anmelden und erfolgreich abschneiden.
Einmal pro Woche laufe ich intensiv. Das erachte ich gerade für Ultraläufer als sehr entscheidendes Element. Zum Beispiel versuche ich 1500 Höhenmeter so schnell wie möglich zu bewältigen. Im Flachen laufe ich eigentlich gar nie. Bei mir geht es immer rauf und runter. Runter aber defensiv wegen der Verletzungsgefahr.

 

 

 

Immer mehr Läuferinnen und Läufer spielen mit dem Gedanken, einmal einen Ultra zu laufen. Welches sind deine wichtigsten drei Tipps, damit es klappt?

  • Langsam an die Sache herangehen und dem Körper nicht zu viel zumuten. Es braucht Jahre, bis man die Langstrecken entspannt laufen kann. 
  • Im Training ernährungstechnisch alles ausprobieren und im Rennen nur das machen, was getestet ist. Grundsätzlich gilt: Keine Experimente im Rennen!
  • Der Kopf muss frei sein. Man soll sich auf keinen Fall von anderen Leuten treiben lassen, sondern locker und mit Spass dabei sein.

Bei einem Ultramarathon spielt die Verpflegung nicht nur eine wichtige, sondern eine regelrecht entscheidende Rolle. Wie sieht dein Verpflegungsplan für einen Lauf wie den Grossglockner Ultra Trail aus?

Es gibt bei mir keinen strengen Plan, dem ich folge. Ich trinke oder esse, wenn ich Durst oder Hunger habe. Ich habe stets eine Flasche mit Wasser und eine mit Cola mit dabei. Dazu Müesli-Riegel und Salztabletten.
Ich mache alles alleine, habe keinen Betreuer mit dabei. An den Verpflegungsstationen fülle ich die Flaschen wieder auf und wechsle in der Regel die Schuhe und Socken bei Halbzeit. Dort, bei Halbzeit, habe ich auch Reserve an Flüssigkeit (Wasser, Cola, RedBull) und Verpflegung (Riegel) bereit.

Gibt es einen Geheimtipp, den du uns preis geben kannst? Ein Schlüsseltraining, einen Ernährungs- oder Techniktipp zum Beispiel?

Mach es mit Herz, dann kommt es gut. Lass dich ja nicht zu viel von anderen leiten. Und nimm ein Rumpfstabilitäts- und Gleichgewichtstraining als fixen Bestandteil in dein Training auf.

 

 

 

Foto: ZVG