Interview mit Shaban Mustafa

15. August 2017

Aufgrund seiner Resultate müsste Shaban Mustafa uns allen eigentlich ein Begriff sein. Der Bulgare errang bereits Siege am Jungfrau- und LGT Marathon sowie am Aletsch Halbmarathon. Wir haben ihn mit unseren Fragen konfrontiert. 

Du strebst in diesem Jahr den zweiten Sieg am Jungfrau-Marathon an. Auf was achtest du besonders in der spezifischen Vorbereitung auf den „schönsten Marathon der Welt“? Kannst du uns 3 Trainingstipps geben?

Da beim Jungfrau-Marathon viel auf Asphalt gelaufen wird und es bis zum Kilometer 25 keine grossen Steigungen gibt, setze ich mehr auf Trainingsläufe bis 20km mit variabler Geschwindigkeit, die flach und auf Asphalt sind. Am nächsten Tag laufe ich jeweils 15-20km mit einer Geschwindigkeit von 3:45min/km und nach 5-7min Pause 3-5km mit Renntempo in einem Gelände mit grossem Höhenunterschied (entsprechend Jungfrau nach dem 25km).

Bei deinem Sieg 2015 war deine Renntaktik auffällig: Mit einem starken Finish konntest du den Sieg ins Trockene bringen. Kannst du uns deine Renntaktik aufzeigen und Tipps für den Hobbyläufer geben?

Der Sieg am Jungfrau-Marathon 2015 war für mich der beste Lauf in meiner sportlichen Karriere - ein glücklicher Augenblick und auch ein toller angenehmer Sieg.

Für den Wettkampf kann ich nur sagen, ich machte mein Rennen, wofür ich bereit war. Ich bin sehr vorsichtig gestartet, verpasste dadurch die Spitzengruppe, da das Tempo sehr schnell für mich war. Andererseits kann man sagen, dass die Läufer der Spitzengruppe ein unkluges Rennen liefen und mir den Sieg auf dem Silbertablett servierten. Meiner Meinung nach trugen sie ihr Rennen bis Kilometer 25 aus, obwohl es dort erst startet. Als ich sie überholte, waren sie bereits platt. 

 

Meine Taktik wird durch meinen  Körper vorgegeben. Ich kenne ihn und meine Möglichkeiten ganz genau und laufe in diesen Grenzen. Bei den Bergläufen sind die ersten 10km sehr wichtig. Man muss unbedingt langsam starten, was eigentlich kein Problem darstellt. Läuft man zu Beginn zu schnell, kann man den Sieg vergessen.

Für den Hobbyläufer kann ich folgendes sagen: Starte nicht zu schnell, trink genügend Wasser und isotonische Getränke an den Verpflegungsstationen und geniess die wunderbare Aussicht bei diesen Läufen.

In diesem Jahr hast du auch Siege an den beliebten Volksläufen LGT-Marathon und Aletsch Halbmarathon feiern können. Kannst du uns erzählen, wie es in Bulgarien um den Laufsport steht? Gibt es Volksläufe wie in der Schweiz? Ist der Laufsport ebenso populär?

2016 habe ich an keinem grossen ausländischen Wettkampf teilgenommen. Ich habe lange Zeit eine Verletzung gehabt und deshalb nur an einigen  Wettkämpfen in Bulgarien teilgenommen. In Bulgarien ist der Laufsport nicht vergleichbar mit demjenigen in der Schweiz. Die Organisation und die Teilnehmer sind auf einem tieferen Niveau als in der Schweiz. Aus diesem Grund benutze ich die Wettkämpfe in Bulgarien nur als Vorbereitung.

Läufe wie Zermatt Marathon, Jungfrau-Marathon oder LGT Marathon gibt es in Bulgarien nicht. Bei uns gibt es Bergläufe bis ca. 15-17km mit verschiedenen Steigungen aber nicht mit dieser Teilnehmermasse wie in der Schweiz. In den letzten Jahren werden in Bulgarien mehr und mehr Bergläufe organisiert, da unsere Natur auch sehr schön ist. Aber wie gesagt mit kleineren Teilnehmerzahlen. Mit einem Wort, der Laufsport im Allgemeinen und der Berglauf im Speziellen sind in Bulgarien nicht so populär wie in der Schweiz. 

Kannst du uns aufzeigen, wie eine typische Trainingswoche bei dir ausschaut?

Für mich ist es nicht einfach, eine Trainingswoche zu beschreiben, da mein Alltag nicht nur aus Laufen besteht. Aber ich werde es versuchen:

Ich arbeite in einer kleinen Gemeinde namens Sungurlare, wo ich für den Sport zuständig bin. Ich arbeite jeden Tag von 08.00 bis 17.00 Uhr. Es ist nicht leicht, aber ich versuche jeden Tag 2-mal pro Tag zu trainieren. Morgens vor der Arbeit mache ich leichte Läufe von 6-8km, nach der Arbeit dann mehr Volumen (lange Dauerläufe) und Trainings mit variabler Geschwindigkeit (Fartlek). 

Montag und Dienstag habe ich nur leichte Trainings, am Mittwoch Fartlek z. B. während 15km jeweils 1600m schnell, 1600m langsam. Donnerstag und Freitag habe ich wieder langsame Läufe aber immer ca. 20km pro Tag. Samstag und Sonntag, wenn keine Wettkämpfe anstehen mache ich intensive Trainings. Am Samstag wiederhole ich das Programm von Mittwoch und am Sonntag wird die Belastung nochmals höher (z.B 20km mit durchschnittlicher Geschwindigkeit 3.45/km, 5-10min Pause und dann 3 bis 5km aufwärts wie bei einem Wettkampf aber mit Höhenunterschied ca. 300-400m. Laufleistung pro Woche bei mir ist 130-150km. 

Gibt es einen Geheimtipp, den du uns preis geben kannst? Ein Schlüsseltraining, ein Ernährungs- oder Techniktipp zum Beispiel?

Eine meiner Schlüsseleinheiten ist, wenn ich nach einem Wettkampf bis 20km am nächsten Tag wieder intensiv trainiere. Z.B nochmals 15-20km mit Tempo 3.45/km, 10min Pause und dann 3-5km aufwärts mit Renntempo. Danach folgen 2 Tage laufen mit langsamem Tempo.

Für die Ernährung kann ich sagen, dass sie sehr wichtig ist. Vor einem grossen Wettkampf mache ich z.B. eine spezielle 8 Tage Diät: 3 Tage esse ich nur Produkte mit Eiweiss (kein Fett und Kohlenhydrate), dann 3 Tage nur Kohlenhydrate und danach 2 Tage zusätzlich 800g Honig gelöst in 2l Wasser.

Für die Technik kann ich nicht viel sagen, da jeder Läufer seine eigene Technik hat und diese nur schwer ändern kann. Das einzige, was ich sagen kann, betrifft die Neigung des Körpers, wenn man bergauf läuft. Der Körper muss nach unten geneigt und je grösser die Neigung ist desto näher muss der Körper zum Boden sein.

Foto: ZVG