Interview mit Stephan Hugenschmidt

27. März 2018

Seit rund fünf Jahren ist der gebürtige Deutsche Stephan Hugenschmidt ein bekannter Name im Trail- und Ultratrailsport. Der im Prättigau lebende Ingenieur eilt von Sieg zu Sieg und wurde wenig überraschend zum Trail Runner of the Year gewählt.

Als Überflieger in der Trailszene räumst du einen Sieg nach dem anderen ab. Wie erklärst du dir diesen Erfolg – was ist dein Erfolgsrezept?

Ich denke das Wichtigste ist, dass ich riesige Freude bei der Sache habe. Es gibt bei meinem Training kein „Müssen“. Ich trainiere auch nicht, um irgendein sportliches Ziel zu erreichen oder besser zu werden, sondern weil es meine Leidenschaft ist, in den Bergen unterwegs zu sein. Ich glaube ich habe einen Weg gefunden, der am besten zu mir passt. Ich versuche auch nicht zu viel auf andere zu schauen und deren Training zu kopieren.

Wie sieht dein Trainings- und Arbeitsalltag aus? Kannst du uns einen Überblick geben, wie viel du arbeitest, wie viele Kilometer du läufst, wie häufig du Krafttraining machst, wie du beides miteinander kombinierst und wie viel Zeit dir schlussendlich für die Erholung übrig bleibt?

Ich habe eine 80%-Stelle und habe daher 3 Tage in der Woche frei. An diesen 3 Tagen bin ich eigentlich immer in den Bergen unterwegs - im Sommer zu Fuss, im Winter mit den Tourenski. Das sind dann meistens grössere Touren mit recht viel Höhenmetern (4  bis 6 Stunden, bis 3‘000 hm). An den restlichen Arbeitstagen gehe ich meistens vor der Arbeit ein bis zwei Stunden trainieren. Auch da geht es meistens bergauf und natürlich wieder bergab. Um mich von langen Trainings oder Rennen zu erholen, fahre ich im Sommer gerne mit dem Velo. Im Winter fahre ich zwar kein Velo, aber das Skitourengehen ist auch etwas muskelschonender als Laufen. Wie viele Kilometer ich laufe, weiss ich nicht auswendig. Viel interessanter für mich sind auch die Höhenmeter. Bei allen Sportarten, also Laufen, Skitouren und Radfahren zusammen, kommen 500‘000 bis 600‘000 Höhenmeter im Jahr zusammen. Generell würde ich mich als sehr schlechten Trainierer bezeichnen. Nicht was die Quantität angeht, sondern die Qualität. Ich habe keinen Trainingsplan, habe noch nie Intervalle trainiert und Krafttraining mache ich auch keines. Immerhin habe ich vor zwei Monaten mit dem Klettern angefangen, das ist ja auch ein gutes Ganzkörpertraining.

Die Trail- und insbesondere Ultratrail-Szene gewinnt immer mehr an Bedeutung und Zuspruch. Welches sind deine wichtigsten drei Tipps, damit ein Ultralauf ein Erfolgserlebnis wird?

  • Sei du selbst! Finde heraus, was am besten für dich funktioniert und versuche nicht anderen Sportlern hinterherzueifern.
  • Höre auf deinen Körper! Frage dich, ob du das jetzige Tempo für den Rest des Rennens durchhalten kannst. 
  • Verpflege dich gut! Egal wie fit man ist, wenn man nicht ausreichend Energie zuführt, wird man früher oder später eingehen.

Bei einem Ultratrail spielt die Verpflegung nicht nur eine wichtige, sondern eine regelrecht entscheidende Rolle. Wie sieht dein Verpflegungsplan für einen Lauf aus?

Auch hier: ich habe keinen Plan. Am Tag vor dem Rennen versuche ich kohlenhydratreich zu essen. Wichtig ist mir das Frühstück vor dem Rennen, auch wenn es um 3:00 Uhr in der Nacht ist. Nicht unbedingt wegen der Kalorienaufnahme, sondern weil es ein Ritual ist, mit dem ich meinen Körper signalisiere: Jetzt geht es los. Spätestens nach dem Kaffee bin ich dann parat! Während eines langen Rennens fange ich nach 2 bis 3 Stunden an mich zu verpflegen. Ich greife da meist zu Energieriegeln und Wasser, bevorzuge also feste Nahrung. Gegen Ende des Rennens nehme ich dann eher Gels, weil ich die einfacher runter bekomme. Je später das Rennen, umso schwerer fällt es mir „richtige Nahrung“ zu mir zu nehmen. Aber ich glaube, dass ich einen robusten Magen habe, denn bis jetzt ist es noch nie passiert, dass ich nichts mehr zu mir nehmen konnte. Es gibt ja viele Athleten, die damit zu kämpfen haben.

Gibt es einen Geheimtipp, den du uns preis geben kannst? Einen Trainings-, Ernährungs- oder Erholungstipp zum Beispiel.

Solch einen Geheimtipp gibt es leider nicht. Statt nach einem Tipp zu suchen, der einen wie Kilian Jornet durch die Berge rennen lässt, sollte man lieber raus gehen und Spass haben. Wer konstant über einen längeren Zeitraum trainiert und mit Freude bei der Sache ist, wird ganz sicher besser. Wenn, dann wäre also das mein Geheimtipp…

 

Header-Foto: © Davide Fiozzi
Inside-Foto: © Christoph Moser