Interview mit Daria Nauer

30. März 2016

In den Neunzigerjahren war Daria Nauer die stärkste Schweizer Langstreckenläuferin. Heute läuft die Mutter von zwei Kindern noch zwei bis drei Mal pro Woche, leitet zwei Krafttrainings für Erwachsene und trainiert Flüchtlinge. Zudem führt sie ein Floristik-Geschäft und bietet Erwachsenen- und Kinderkurse an.

Seit einigen Wochen bietest du in deiner Wohngemeinde ein Lauftraining für Flüchtlinge an. Wie gross ist das Interesse und welches sind deine bisherigen Erfahrungen?

Die Asylsuchenden saugen neue Angebote regelrecht auf, da sie ihnen den eher tristen und für sie ungewohnten Alltag hier bereichern. Am Anfang machten regelmässig über zwanzig Männer Gebrauch von unserem Angebot. Inzwischen kommen wöchentlich noch rund zehn junge Männer und joggen in den zwei bis drei Gruppen. (Einige unserer “Läufer“ wurden bereits umquartiert in eine andere Unterkunft) 

In unserer Kultur ist Sport treiben und vor allem joggen völlig alltäglich. In Afghanistan, Eritrea, Gambia usw. ist wohl bestenfalls „Fussball“ eine Freizeitbeschäftigung. Dass durch die Gegend gejoggt wird und vor allem noch eine „Frau“ den Ton angibt, war doch für die jungen Männer sehr ungewohnt. Bei einigen Spielformen musste ich auch lernen, dass es je nach kulturellem Hintergrund nicht für alle einfach ist. 

In welchen Bereichen können wir etwas von den Flüchtlingen lernen? Was von unserer Mentalität und unseren Gewohnheiten würde ihnen gut tun?  

Gelassenheit, Ruhe und eine Riesenportion Toleranz gehören zu den grossen Stärken der Männer aus fernen Ländern. Auf so engem Raum und ohne Tageslicht (zusammen) zu "wohnen", wäre für die meisten Schweizer wohl undenkbar... Pünktlichkeit hingegen scheint ein Fremdwort zu sein. Meistens dauert es über eine halbe Stunde, bis wir alle Lauffreudigen zusammengetrommelt haben und starten können. 

Du trainierst Läuferinnen und Läufer jeglichen Alters und Leistungsniveaus. Welches sind in deinen Augen die wichtigsten drei Tipps, damit sich die individuellen Ziele erreichen lassen?  

  1. Darauf achten, dass das Training stattfindet:-) 
  2. Laufstrecken und Laufgeschwindigkeiten variieren
  3. Einmal pro Woche Laufzeit verkürzen und mit regelmässigem Stretching und Kraftgymnastik ergänzen.

Vor gut 15 Jahren hast du deine Laufkarriere beendet. Was würdest du anders machen, wenn du das Rad der Zeit zurückdrehen könntest?

Ich würde vieles wieder gleich oder sehr ähnlich gestalten. Die Trainersituation würde ich wohl heute früher ändern... etwas mehr Egoismus in diversen Bereichen hätte mir früher wohl gut getan.

Foto: ZVG