Interview mit Joey Hadorn

24. Oktober 2017

Am Greifenseelauf startete Joey Hadorn im Rahmen der Schweizermeisterschaften erstmals über die Halbmarathondistanz und fand sich nach einem beeindruckenden Rennen plötzlich neben Abraham Tadesse auf dem Podium als zweiter Schweizer wieder.

Dein Debut im Halbmarathon ist mehr als gelungen. Mit beeindruckenden 1:07:49 bist du als OL-Läufer mitten in die Elite der Strassenläufer gelaufen. Wie hast du das Rennen erlebt? 

Ich habe gespürt, dass ich sehr gut in Form bin und hatte das Ziel, 3:20 pro Kilometer oder 1h10 zu laufen. Der Rang war stets sekundär. 

Kurz nach dem Start fand ich mich in der Verfolgergruppe wieder und realisierte, dass wir deutlich schneller unterwegs waren, als ich es mir vorgenommen hatte. Ich fühlte mich aber gut und versuchte weiter mitzulaufen mit der Vorstellung "was ich habe, das habe ich". Und da der Einbruch nicht kam, begann ich ab Kilometer 14 und spätestens 15 mich leicht abzusetzen und daran zu glauben, es zu schaffen. 3 Kilometer vor dem Ziel setzte ich alles auf eine Karte und lief euphorisiert und dank der Unterstützung der zahlreichen Zuschauer als zweiter Schweizer ins Ziel.

Du hast dieses Jahr die Junioren-Weltmeisterschaften der OL-Läufer dominiert, hast Bergläufe gewonnen und nun erfolgreich einen Halbmarathon bestritten. Welches sind in deinen Augen die Schlüssel zum Erfolg?

  • Grundbasis: Ich war mit meinen Eltern von Beginn weg viel unterwegs, ohne dass ich bemerkt habe, dass ich trainierte. Ich habe dabei aber eine grosse Grundbasis gelegt, auf die ich nun zurückgreifen kann.
  • Wintertraining: Während den Wintermonaten trainiere ich stets viel Umfang und lege dadurch eine gute Basis für die Saison. Während der Saison kann ich mich dann mehr auf die Intensität konzentrieren und vom Wintertraining zehren.
  • Kontinuität: Dadurch, dass ich selten bis nie krank oder verletzt war, konnte ich immer trainieren und meine Leistungsfähigkeit über Jahre aufbauen.

Wie sieht eine typische Trainingswoche bei dir aus?

Im Winter lege ich das Fundament für meine Erfolge. Ich trainiere bis zu 24 Stunden, wobei mein Training zu einem Drittel aus Laufeinheiten und zu zwei Dritteln aus Rumpfkraft, Radtrainings und Langlauf-Einheiten besteht.

Im Sommer trainiere ich sehr intensiv: an jedem zweiten Tag findet ein Intervall oder ein Wettkampf statt. Dazwischen mache ich Dauerläufe von maximal 60 Minuten, Lauftechnik oder Rumpfkrafttraining. Hinzu kommen einige Radkilometer, weil ich stets mit dem Rad unterwegs bin. 

Was macht für dich den Reiz des Orientierungslaufs aus? Was würde für eine Läuferkarriere sprechen?

Der Reiz am OL ist die zusätzliche Komponente des Kartenlesens. Das Finden der Balance zwischen dem physischen Limit und dem klaren Kopf ist herausfordernd und spannend zugleich. Und wenn alles aufgeht, ist es ein geniales Gefühl.

Beim Laufen muss man sich mal nicht auf andere Sachen konzentrieren, sondern kann einfach nur laufen. Reizvoll finde ich das grössere Zuschauer- und Medieninteresse und natürlich die Option, sich für olympische Spiele zu qualifizieren. Das wäre zwar ein weiter aber reizvoller Weg.

Gibt es einen Geheimtipp, den du uns preisgeben kannst? 

Kontinuität über 2-3 Jahre führt zu Erfolg. Achte dich deshalb über die ganze Saison hinweg nicht nur auf das Training, sondern auch auf deine Gesundheit, damit es keine Unterbrechungen wegen Krankheit oder Verletzungen gibt.

Foto: ZVG