INTERVIEW MIT CHRISTOPH SOMMER

27. settembre 2016

Vor wenigen Wochen hat Christoph Sommer zum fünften Mal an den Paralympics teilgenommen und dabei im Marathon mit dem 6. Rang ein Diplom gewonnen. Das ist umso erstaunlicher, als Christoph Sommer erst wenige Woche vorher aufgrund des Ausschlusses der russischen Athleten definitiv selektioniert wurde.  

Du hast taktisch eine reife Leistung gezeigt und auf der zweiten Streckenhälfte Position um Position gut gemacht. Wie hast du die Paralympics im Allgemeinen und dein Rennen im Spezifischen erlebt?  

Ich hatte die Gelegenheit, diesen Mai nach Rio zu reisen und die Strecke an der Copacapana anzuschauen. Damals hatte ich das Gefühl, dass die Brasilianer kein Interesse an den olympischen Spielen haben. Als ich vier Monate später zurückkam, hat sich mein Bild total geändert. Die Bevölkerung war sehr interessiert und äusserst begeisterungsfähig und die Organisation hat super geklappt. 

 Im Rennen habe ich mein Tempo von Beginn weg an die 35 Grad und die sehr hohe Luftfeuchtigkeit angepasst. Diese Taktik hat sich ausbezahlt. Ab Streckenhälfte musste einer nach dem anderen aufgeben. Das hat mich natürlich beflügelt! Trotzdem musste auch ich am Schluss hart kämpfen, um mir den 6. Rang und damit das Diplom zu sichern. 

Trotz Behinderung schaffst du es, seit vielen Jahren Resultate auf Top-Niveau abzuliefern. Welches sind deine Tipps für all jene, die mit einem körperlichen Leiden zu kämpfen haben? 

Es ist wichtig, dass man nicht hadert und das Leiden als solches akzeptiert. Dann sollte man versuchen, ein gezieltes Training zu absolvieren und dieses mit spezifischem Training zu kombinieren, welches das körperliche Problem kompensiert. In meinem Fall ist das zum Beispiel spezifisches Training für den Rumpf. 

Das Leistungsniveau hat sich in den letzten Jahren bei den Paralympics stark verbessert. Auf was führst du das zurück?  

Die Medien haben erkannt, dass nicht nur die Leistungen an sich top sind, sondern auch die « verrückten Lebensgeschichten» der Athleten interessant sind. Das führt in Kombination mit der Tatsache, dass die Anzahl zugelassener Athleten stark reduziert wurde, zu einem immer höheren Leistungsniveau führt. 

Als Paralympionike lässt sich kaum Geld verdienen. Wie finanzierst du dein Hobby?  

Ich arbeite 90% als Betriebsdisponent beim Regionalverkehr Bern - Solothurn und meine Frau arbeitet auch noch 4-5 Tage im Monat. So habe ich die Möglichkeit, mein geliebtes Hobby ambitiös auszuführen und Teil der Laufsportfamilie zu sein. Das schätze ich übrigens sehr und geniesse es, an Läufen wie beispielsweise dem Kerzerslauf, dem Grand Prix von Bern oder dem Emmenlauf mich mit allen anderen zu messen und hinterher noch über das Erlebte zu diskutieren. 

Du bist seit 37 Jahren unterarmamputiert. Wie stark schränkt dich das beim Laufen ein? Was musst du beim Training und im Wettkampf berücksichtigen?  

Die Basis für schnelles und beschwerdefreies Laufen ist auch bei mir eine gute Bein- und Rumpfmuskulatur. Das Hauptproblem ist in meinem Fall, dass der Schwung und damit der Antrieb des einen Armes fehlt. Das lässt sich vergleichen mit einem ein- statt beidbeinigen Einsatz auf einer Schaukel. Ich spüre das insbesondere am Berg oder wenn sich mein Rücken verspannt. Durch das spezifische Krafttraining schaffe ich es, gerade zu bleiben und dadurch weniger Energie zu verlieren. 

Wir danken Christoph Sommer für die spannenden Antworten. Video-Interview mit Christoph Sommer unmittelbar nach seinem erfolgreichen Marathon.