Interview mit Jonathan Schmid

20. Juni 2017

Am Schweizer Berglauf-Himmel ist ein neuer Stern aufgegangen: Jonathan Schmid aus Adelboden mischt die Szene gewaltig auf. Innerhalb von wenigen Jahren hat er den Anschluss an die Spitze geschafft und dieses Jahr zum ersten Mal Meisterehren errungen.

Deine Leistungsentwicklung ist beeindruckend. Welches sind in deinen Augen die wichtigsten Punkte, die dich innerhalb so kurzer Zeit so weit gebracht haben und zum Erfolg führen?

Als ich am Vogellisi-Berglauf 2015 startete und Gesamtdritter wurde, sagten mir einige Leute, dass ich ein riesiges Potential hätte, da ich bis dahin eigentlich nie trainiert habe. Ich suchte mir daraufhin einen Coach, der mir Trainingspläne zusammenstellte. Dank dem Leistungstest, den wir alle 3 Monate machten, waren die Trainings jeweils wieder genau auf meinen Körper abgestimmt. So handhabte ich das ein Jahr lang. Im Herbst 2016 machte mir der ehemalige Schweizermeister im Waffenlauf Martin von Känel das Angebot mich zu trainieren. Der grosse Vorteil war, dass er mit mir direkt trainierte und so Sachen wie Lauftechnik und taktisches Verhalten gerade korrigieren konnte.

Meiner Meinung nach hatte ich das Glück, dass ich in den 2 Jahren genau auf die richtigen Leute gestossen bin.

Als Bäcker-Konditor und passionierter Bergläufer können sich Pläne kreuzen. Kannst du uns sagen, zu welchen Tageszeiten du Zeit und Motivation zum Trainieren findest und wie eine typische Trainingswoche bei dir ausschaut?

Mein Arbeitsbeginn ist ca. um 02:30 Uhr und Feierabend zwischen 10:00-13:00 Uhr. Danach gehe ich etwa 2-3h Schlafen, ehe ich mein Training absolviere. Ich denke, dass meine Arbeitszeiten eher ein Vorteil sind. So kann ich jedes Mal ausgeschlafen trainieren ;-)

Die Trainingswochen sehen folgendermassen aus:

Montag Grundlage, Laufen 1:30h
in einer Laufgruppe mit Jenzer Urs
Dienstag Intervall mit Martin von Känel
Mittwoch Grundlage mit dem Fahrrad oder Skitouren
Donnerstag Pause
Freitag Pause
Samstag Grundlage, Laufen 2h mit Martin von Känel
Sonntag Intervall


Man findet dich in Ranglisten von kurzen sowie von langen Bergläufen. Welches sind deine drei wichtigsten Tipps für einen kurzen Berglauf wie zum Beispiel den Blüemlisalp-Berglauf, und welches jene drei für einen langen Berglauf wie zum Beispiel den Jungfrau-Marathon?

Lachen und Freude haben während des Wettkampfs ist das Allerwichtigste, egal, ob bei langen oder kurzen Bergläufen. Es ist nicht selbstverständlich, dass man an einem Wettkampf teilnehmen kann!

Für kurze Bergläufe braucht es Intervalltraining, um die schnellen Beine zu bekommen. Für die langen Rennen braucht es mehr Grundlage. Ansonsten denke ich, gelten bei beiden Distanzen die gleichen Regeln.

Eine gute Wettkampfeinteilung ist der Schlüssel zum Erfolg. Wie legst du die Taktik für deine Rennen fest? Welches sind deine Tipps für die Läuferinnen und Läufer?

Das Rennen kannst du nicht am Anfang gewinnen. Es ist wichtig, die Kräfte gut einzuteilen und seine Stärken zu kennen.

Ich trainiere immer mit Pulsuhr. Daher weiss ich, welchen Puls ich für welche Distanz laufen darf. Das hilft mir am Anfang des Rennens nicht zu überdrehen.

Vor dem Rennen schaue ich mir das Höhenprofil immer gut an. Da meine Stärken im steilem Gelände sind, und ich in der Fläche eher schwächer bin, versuche ich im Flachen möglichst den Anschluss nicht zu verlieren und dann im steilen anzugreifen und dort den Unterschied zu machen.

Gibt es eine Schlüsseleinheit, die du jeweils vor deinen grossen Rennen absolvierst? Quasi eine Hauptprobe oder ein standardisiertes Training x Tage vor dem Ernstkampf.

Was ich lernen musste und entscheidend ist: weniger ist mehr!

Es bringt gar nichts, 1 Woche vor dem Wettkampf noch zu meinen, man müsse jetzt noch Trainings aufholen. Ich reduziere schon 2 Wochen vor dem Tag X und gehe im Intervall nur noch 80-90% an meine Leistungsgrenze. 3 Tage vor dem Wettkampf mache ich keine Trainings mehr, um dann am Tag X mit vollen Kräften am Start sein zu können.

Foto: ZVG