So wirst du zum kompletten Laufsportler

23. Januar 2018

Du willst vielseitiger, robuster und schneller werden? Dann solltest du unbedingt die folgenden 10 Punkte in dein Lauftraining einbauen.

 

1. Kräftige deine Hüfte 

Hand aufs Herz, wie viele Male hast du in den letzten Wochen ein Kräftigungsprogramm durchgezogen? Eben! Alle begeisterten Läufer wissen zwar, dass vor allem eine gute Hüftstabilität nötig ist – und doch schieben es viele immer wieder vor sich her. Daher zur Erinnerung: Je mehr du läufst, desto zwingender benötigst du Kraftgymnastik, damit dein Bewegungsapparat den Strapazen beim Laufen langfristig standhalten kann. Jugendliche Versäumnisse rächen sich im fortgeschrittenen Alter zunehmend. Deshalb: Nimm dir den Vorsatz, zweimal pro Woche 30 Minuten lang ein Athletikprogramm zu absolvieren, ohne Wenn und Aber, ohne Ausreden! Am besten gleich fix beide Termine in der Agenda eintragen. Eine Hexerei ist es nicht: Rund 5-6 Übungen zur Kräftigung von Beinen, Gesäss und Hüfte mit rund 10-15 Wiederholungen, das Ganze zweimal absolvieren. Übungen dazu gibt es wie Sand am Meer. Entscheidend ist nicht unbedingt die Übungsauswahl, sondern dass man die Übungen regelmässig macht und sich dabei auf eine saubere Ausführung konzentriert. 

2. Schwing das Springseil 

Wann hast du das letzte Mal 100 Mal am Stück das Springseil unter deinen Füssen durchgeschwungen? Springseilen ist punkto Aufwand/Ertrag ein kleines Wundertraining für Läufer aller Art. Es kräftigt die Fuss- und Beinmuskulatur, verschafft einen kräftigen Fussabdruck und sorgt für eine kurze Bodenkontaktzeit. Ob in einer kurzen Pause, beim Nachhausekommen oder während der Tagesschau – nimm dir zweimal die Woche 10 Minuten Zeit dafür. Setz dir 500 Umdrehungen zum Ziel, entweder aufgeteilt in 5 x 100, 2 x 250 oder aber an einem Stück. Zuerst beidfüssig, wenn’s geht auch im Wechsel einbeinig. Du wirst sehen: Regelmässig durchgeführt wird dein Laufstil mit Springseilen langfristig lockerer, aktiver und dynamischer. 

 

3. Die Arme geben den Takt vor 

Bei den meisten Läufern liegt der Fokus im Training bei den Beinen. Obwohl beim Laufen gilt: Unsere Beine machen das, was ihnen die Arme vorgeben. Höchste Zeit also, sich ab und zu ganz gezielt den Armen zu widmen. Bewegen wir unsere Arme mit niedriger Frequenz, machen wir automatisch auch einen langsamen Schritt. Wenn wir es aber schaffen, die Arme mit hoher Frequenz zu schwingen, wird auch unser Schritt schneller. Mit den Armen schaffen wir ein kurzes Pendel, welches wir schnell vor- und zurückschwingen können. Vor allem in den Steigungen sorgt ein aktiver Armeinsatz für Dynamik im Laufstil und verhindert, dass das Tempo absackt. Die wichtigsten Punkte, die es zu beachten gilt:

  • Führe die Armbewegung aus dem Schultergelenk und nicht aus dem Ellbogengelenk heraus durch. 
  • Sorge zwischen Ober- und Unterarm für einen Winkel, der weniger als 90 Grad beträgt und in der Vorwärtsbewegung sogar noch enger wird. 
  • Die Armbewegung ist ideal, wenn sich am Ende der Rückwärtsbewegung das sogenannte „Läuferdreieck“ zwischen Oberarm, Unterarm und Rumpf bildet. Die Armbewegung nach hinten sorgt dafür, dass der Körper stabilisiert wird und das Gleichgewicht während der Fortbewegung gehalten werden kann.
  • Die Handstellung ist locker und nicht gestreckt, der Daumen ist stets zuoberst parallel zur Laufrichtung.

4. Schrittkadenz 

Kennst du deine Anzahl Schritte pro Minute? Wenn nicht, dann nimm doch beim nächsten Lauf eine Uhr mit und miss deine Schrittkadenz bei unterschiedlichen Tempi. Natürlich ist die Schrittkadenz eine individuelle Geschichte, aber es gibt schon Faustregeln und Leitlinien, mit denen man spielen kann. Grundsätzlich gilt: Je höher das Tempo, desto höher die Schrittkadenz. Und je länger der Schritt, desto eher wird die Landung auf dem Fuss nach hinten zur Ferse rutschen, während kurze Schritte eine Landung auf dem Mittel- oder Vorfuss begünstigen. Oft bewirkt ein kleinerer Schritt auch eine – wünschenswerte – stolze Haltung mit einem hohen Körperschwerpunkt. Die meisten Einsteiger und eher langsameren Läufer sind mit zu langen Schritten unterwegs. Deshalb lautet die Empfehlung, nicht vorne den Schritt lang zu machen, sondern eher kurze Schritte bzw. eine relativ hohe Kadenz zu pflegen und gleichzeitig den Fokus hinten auf einen energischen Fussabdruck mit Beinstreckung zu legen. 

Doch wie hoch sollte die Schrittkadenz denn etwa sein? Der deutsche Sportarzt und Laufexperte Matthias Marquart hat als Richtlinie einen Kadenzrechner auf seiner Webseite installiert. Bei einem Lauftempo von 6 min/km spuckt der Rechner für eine 170 cm grosse Läuferin eine Kadenz von 170 Schritten pro Minute aus, bei einem 4-min-Schnitt eine Kadenz von 183 und bei sehr schnellen 3 min/km eine Kadenz von 195. Für einen 185 cm grossen Mann lauten die entsprechenden Empfehlungen: 163 im 6-min-Tempo, 175 im 4-min-Tempo und 188 im 3-min-Tempo. Fazit: Spiele im Training ab und zu mit deiner Kadenz, laufe mal bewusst mit kurzen und schnellen Schritten, dann aber auch wieder mit etwas raumgreifenderen Schritten und geringerer Kadenz. Achte dich zudem darauf, wie sich die Schrittkadenz je nach Gelände verändert und bergauf kleinere Schritte gefragt sind als geradeaus.

5. Tempoläufe 

Auch Ausdauersportler sind Tempofans, sprich: Je schneller man unterwegs ist, desto besser fühlt es sich an – zumindest so lange die Puste mitmacht. Gleichzeitig benötigen Tempoläufe ein gewisses Mass an Leidensfähigkeit, man muss sich durchbeissen und das Wohlgefühl stellt sich vor allem nach absolviertem Lauf ein. Unser Tipp: Mach öfters kurze und dafür schnelle Läufe. Z. B: 5 Minuten locker einlaufen, und dann 20 bis 30 Minuten am Stück konstant schnell in einem Tempo laufen, bei dem du das Gefühl hast, dass du es nur gerade diese 20 oder 30 Minuten konstant halten kannst, danach aber langsamer laufen müsstest. Tempoläufe bringen auch mental einiges und stärken den Biss und die Durchsetzungskraft. Wichtig: Zeitdauer der Läufe nur langsam steigern. Zum Einstieg mit 20 Minuten beginnen und erst nach einigen Wochen auf 30 Minuten steigern.

 

6. Locker und schnell im Wechsel

Absolviere nicht nur regelmässig Tempoläufe, sondern auch lange und langsame Läufe sowie Intervalltrainings. Am besten gibst du jedem Training einen Inhalt und vermischt nicht alles in jedem Training. Long Jogs, Dauerläufe, Tempoläufe, Fahrtspiele, Intervalle – alles hat seine Berechtigung und Notwendigkeit, wenn man mit der Zeit zu einem kompletten Laufsportler heranreifen möchte. Mit kurzen Intervallen lässt sich die Schnelligkeit verbessern, mit langen und langsamen Läufen der Fettstoffwechsel – ein guter Langstreckenläufer benötigt beides. Deshalb muss man auch beides einzeln trainieren. Wichtig: Schnelle Läufe bringen zwar rasche Leistungsfortschritte, dürfen aber nur dosiert eingesetzt werden, weil sie eine längere Regenerationszeit erfordern. Die Faustregel im Training: Langsame Trainingseinheiten stehen schnellen Einheiten im Verhältnis von 3:1 gegenüber, werden also deutlich öfters durchgeführt.

7. Hüpf mal wieder

Mit Seilspringen trainierst du die allgemeine Fuss- und Beinmuskulatur sowie den Fussabdruck, mit gezielten Sprüngen deine Schnellkraft und Koordination, aber auch den Dehnungsreflex der Sehnen und des Bindegewebes. Sprungformen gibt es unzählige. Es gibt Sprünge, bei denen man sich aus dem Stand vom Boden wegkatapultiert, aber auch solche, bei denen man von einer Erhöhung runterspringt und sich erst dann wieder wegstösst. Auch eine Aneinanderreihung von Sprüngen, wechselseitige Sprünge ein- oder zweibeinig eignen sich bestens. Einfache, abwechslungsreiche Sprungfolgen eignen sich in der allgemeinen Vorbereitungszeit und zum „Spritzigmachen“, beidbeinige und hoch ausgeführte Bank- oder Hürdensprünge hingegen sollten als eigenständige Trainingsform absolviert werden und benötigen entsprechend Erholung. Wichtig: An ein richtiges Sprungtraining muss man sich herantasten. Einfache Sprünge an einer rund 15-20 cm grossen Stufe, rauf und runter, ein- und beidbeinig, vor und zurück, können problemlos regelmässig vor einem Dauerlauf ausgeführt werden. Ausprobieren!

8. Der Berg ruft

Als eigenständige Trainingsform bieten Hügelläufe die perfekte Möglichkeit, die Faktoren Kraft und Stehvermögen ins Laufen zu integrieren. Und weil es eben bergauf geht, sind Hügelläufe zwar für die Muskulatur und das Herz-Kreislauf-System sehr fordernd, nicht aber für den Bewegungsapparat. Das Prinzip ist einfach. Sich eine regelmässige, nicht zu flache Steigung aussuchen, 5-10 min aufwärmen. Und dann mehrere Serien von Hügelsprints absolvieren. Z. B. 3 Serien à 3 Läufen von 40-45 Sekunden Dauer. Oder 10 Sprints à 20 Sekunden Dauer. Während der Belastungszeit geht’s bergauf, danach (je nach Gelände) in der Pause entweder marschierend oder ganz locker laufend zurück zum Ausgangspunkt. Auf eine stabile und aufrechte Körperhaltung achten, auch wenn‘s streng wird.

 

9. Den Horizont verändern

Kaum zu glauben: Die schnellsten Rückwärtsläufer der Welt schaffen die 10 km in unglaublichen 39 Minuten und den Marathon in 3:38 h, aber nimm diese Zeiten eher als Inspiration und nicht als Ziel…. Sicher ist: Ab und zu ein paar Schritte Rückwärtslaufen bringt auch dir viel, denn beim Rückwärtslaufen wird die gesamte Körpermuskulatur völlig anders belastet als beim gewohnten Vorwärtslaufen. Der Fuss rollt rückwärts automatisch über den Vorderfuss nach hinten, der Körper federt den Aufprall elastisch ab, die Knie werden entlastet (weshalb einige auch rückwärts hinunterlaufen). Kurz: Rückwärtslaufen bietet eine neue Erfahrung, die sowohl koordinativ, muskulär und auch optisch gänzlich neue Horizonte öffnet, weil man für einmal nicht dorthin blickt, wohin man läuft, sondern dorthin, woher man kommt… Tipp: Am einfachsten funktioniert Rückwärtslaufen auf einer geraden und flachen Strecke. Die Arme werden aktiv nach hinten pendelnd eingesetzt, der Oberkörper bleibt aufrecht, Blick geradeaus. Aufgepasst vor Stolperern: Hilfreich ist ein Partner, der vis à vis normal vorwärts läuft und wenn nötig die Richtung korrigieren kann.

10. Entspann dich

Training bedeutet nicht nur Anstrengung, sondern auch Erholung. Und für alle, die gerne trainieren, ist die Erholung besonders wichtig. Wer immer nur belastende körperliche Aktivitäten ausführt, der läuft Gefahr, irgendwann „auszubrennen“. Probier neue Entspannungstechniken aus, geh ins Yoga, Stretching oder Antara. Oder führ Zuhause Übungen durch, die deine Muskulatur entspannen und pflegen. Ruhige und sanfte Bewegungsformen geben den Muskeln nicht nur die wohlverdiente Erholung, sondern entspannen auch mental und fördern das Körperbewusstsein. Wo bin ich beweglich, wo verspannt und steif? Widme zweimal 20 Minuten wöchentlich ganz bewusst ruhigen Bewegungsformen.
 

Häufigkeit VOR Dauer VOR Intensität

Die wichtigsten Trainingsgrundsätze

  • Im Lauftraining gilt: Steigere zuerst die Häufigkeit, dann die Dauer und erst dann die Intensität des Trainings.
  • Training ist immer Belastung UND Erholung. Genügend Regeneration ist wichtig, damit der Körper die durch das Training hervorgerufenen Anpassungserscheinungen vollziehen kann.
  • Intensität und Dauer konkurrenzieren sich. Wer sehr intensiv trainiert, sollte nicht gleichzeitig umfangreich trainieren.
  • Für die Gesundheit am wertvollsten sind rund 3-5 Lauftrainings pro Woche in einer Dauer von 20 bis 60 Minuten. Mehr Lauftraining bringt keinen zusätzlichen Gesundheitseffekt und dient hauptsächlich der Leistungssteigerung.
  • Höre auf dein Herz und kontrolliere den Puls. Damit kannst du das ganze Belastungsspektrum ausschöpfen und ein vielseitiges Trainingsprogramm gestalten.
  • Für eine Leistungssteigerung sind langfristig neben einer Umfangsteigerung auch intensivere Läufe notwendig. Wer dauerhaft Fortschritte machen will, muss alle Trainingselemente wie Ausdauer, Schnelligkeit, Beweglichkeit und Kraft berücksichtigen.
  • Bei Fieber ist sportliches Training absolut tabu, auch in den ersten Tagen nach überstandener Krankheit! Der Körper braucht Zeit, um sich von einem Infekt zu erholen.

 

 

 

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